Metalle
Deutschland deckt seinen Bedarf an vielen Metallen sehr stark durch Importe ab (BGR 2021). Gleichzeitig werden für die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft viele Metalle benötigt. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft kann wesentlich zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung bei den Metallen beitragen, da durch ein hochwertiges Recycling Metalle nahezu unbegrenzt oft im Kreislauf geführt werden können.
Zudem birgt das Recycling von Metallen das Potential für Umweltentlastungen gegenüber der Primärproduktion, das vom jeweiligen Metall und der speziellen Anwendung bzw. dem Abfallstrom abhängt. So weist das Recycling von Kupfer aus Kabeln einen eindeutig geringeren CO₂-Fußabdruck im Vergleich zur Primärproduktion auf. Die Produktion von sekundärem Kupfer aus Bauschutt verursacht z.B. rund dreimal mehr CO₂ als die Produktion aus Kabeln und ist damit nicht in allen Fällen ökologisch vorteilhaft gegenüber der primären Produktion.
In diesem Zusammenhang kann auch das Thema Schiffsrecycling an Bedeutung gewinnen. Die deutsche Seeschiffsflotte umfasst 2.500 Schiffe, 800 Schiffe werden in den kommenden 5 Jahren 25 Jahre oder älter sein, davon 150 in staatlichem Eigentum. Die deutsche Binnenschiffsflotte umfasst 2.400 Schiffe. Das Durchschnittsalter liegt dort in vielen Segmenten bei über 50 Jahren. Die Etablierung von Recycling-Kapazitäten ist ein entscheidender Schritt zu einer maritimen Kreislaufwirtschaft und erforderlich, um knappe Rohstoffe effizient nutzen zu können. Der weitaus größte Massenanteil von Schiffen ist Stahl, dessen Recyclingfähigkeit und auch CO₂-Einsparpotential im Zusammenhang mit Stahlrecycling und grünem Stahl derzeit vielfach betrachtet wird. Durch das hohe Gewicht von Schiffen sind aber auch andere, prozentual gesehen wesentlich geringfügiger enthaltene Materialien relevant. Die Stärkung des Schiffbaus nach dem Cradle2Cradle-Prinzip ist im Koalitionsvertrag inklusive des Schiffsrecyclings festgeschrieben, befindet sich aber noch in der Anfangsphase.
Hemmnisse einer kreislauffähigen Metallwirtschaft sind:
- Design for Recycling oder R-Strategien wie Wiederverwendung (reuse) spielen im Handlungsfeld Metalle bisher nur eine untergeordnete Rolle.
- Viele Metalle, vor allem kritische oder strategische Metalle, werden nur in geringen Konzentrationen eingesetzt, die eine Rückgewinnung erschweren.
- In der Regel liegen die Informationen, welche Legierungen in welchen Komponenten/Produkten verbaut sind, bislang nicht vor.
- Während für einige Metalle seit langem gut funktionierende Stoffkreisläufe etabliert sind, liegt der End-of-Life-(EoL)- Recyclinganteil bei anderen Metallen, vor allem Technologiemetallen, oft unter 1 Prozent.
- Die hohe Anzahl unterschiedlicher Stahl- und Aluminium-Legierungen, die sich in der Sammlung von Schrotten vermischen, erschweren die Wiederverwendung der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe bei der Herstellung hochwertiger Stahl- und Aluminiumknetlegierungen.
- Mehrstufige Analyse- und Sortierverfahren existieren, werden aber nicht flächendeckend eingesetzt, weil die aufwendigeren Recyclingverfahren oft nicht wirtschaftlich sind.
- Eine stärkere Trennung und Vorzerlegung / manuelle Behandlung würde zwar die Schrottqualität erhöhen, ist aber auch mit höheren Kosten verbunden.
- Der Kreislaufgedanke spielt im Schiffbau, angefangen beim Design des Schiffes, bisher noch keine dominante Rolle. Aktuelle Regularien, wie die Verordnung (EU) Nr. 1257/2013 (EU-Schiffsrecyclingverordnung)* sind nicht darauf ausgerichtet, zukünftige Recyclingprozesse oder recyclingfähige und materialschonende zukünftige Schiffe zu fördern oder zu fordern. Vielmehr verfolgen die Regelwerke und Standards das Ziel, Risiken und negative Auswirkungen durch das Schiffsrecycling z.B. auf Umwelt und Arbeitsbedingungen möglichst zu vermeiden.
Schiffsrecycling befindet sich in Deutschland noch in der Anfangsphase. Entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren für Abwrackeinrichtungen müssen sich noch etablieren. Schiffsrecycling ist i.d.R. kapitalintensiv. Die Rentabilität ist schwer prognostizierbar und abhängig von mehreren Faktoren (u. a. Bedarf an den ausgebauten Bauteilen und Materialien, Höhe der Schadstoffentsorgungskosten, Höhe der Lohnkosten, Höhe der Investitionskosten in Recycling-Technologien, Grad der Automatisierung).
* Nach der EU-Verordnung benennt jeder Mitgliedstaat eine Kontaktstelle, die zum Thema Schiffsrecycling informiert und beratend tätig ist. Die Kontaktstelle in Deutschland ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).
Verschiedene Regelwerke und Vorhaben sind bereits in Vorbereitung und sind wichtige Rahmenbedingungen für die Ziele der NKWS. Bei der Umsetzung der NKWS werden diese Rahmenbedingungen berücksichtigt:
- Die „Dialogplattform Recyclingrohstoffe“ der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) hat Handlungsoptionen zur Erhöhung des Anteils von Recyclingrohstoffen u. a. bei Metallen entwickelt.
- Mitte August 2023 ist die neue Batterie-Verordnung (EU) 2023/1542 in Kraft getreten, die unter anderem Mindestziele für das Recycling und Mindestrezyklateinsatzquoten für bestimmte Metalle in Batterien festlegt.
- Im November 2013 wurde die EU-Schiffsrecyclingverordnung (EU) Nr. 1257/2013 erlassen, welche Vorschriften zum umweltgerechten und sicheren Abwracken von Seeschiffen regelt und darauf abzielt, die damit verbundenen Aktivitäten umweltverträglicher und sicherer zu gestalten. Die Verordnung legt fest, dass Handelsschiffe, die unter europäischer Flagge fahren (mit einer Bruttoraumzahl >500 GT) seit 2018 ausschließlich auf zertifizierten Werften (EU-Liste) recycelt werden dürfen.
- Die Definition für klimafreundlichen Stahl aus dem BMWK-Konzept Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe.
Für das Handlungsfeld Metalle wird vorrangig die Strategie des Recyclings betrachtet. Die dem Recycling vorgeschalteten Elemente der R-Strategien haben einen engeren Produktbezug und werden den produktbezogenen Handlungsfeldern zugeordnet (z.B. Fahrzeuge, IKT, Zirkuläre Produktion).
Auf Grundlage der in Kapitel 1.3 dargestellten Vision einer umfassenden Kreislaufwirtschaft für das Jahr 2045 und als Ergänzung des Leitbildes und der übergeordneten Ziele, die in Kapitel 2 formuliert werden, gelten für dieses Handlungsfeld zusätzlich die folgenden Ziele:
Zur Erreichung der Ziele sind auf Bundes- oder EU-Ebene u.a. die folgenden Maßnahmen erforderlich:
- Reduktion des Rohstofffußabdrucks (Raw Material Consumption, RMC) für Metalle
- Mittel- bis langfristig sind Rezyklateinsatzquoten auf EU-Ebene unter Beteiligung der Wirtschaft weiterzuentwickeln und zu unterstützen. Ein denkbares Beispiel für Metalle sind materialspezifische EU-weite Quoten für den Einsatz von Rezyklaten in Komponenten mit Technologiemetallen.
- In Orientierung am Ziel des europäischen Critical Raw Material Act (CRMA), mindestens 25 Prozent des jährlichen Verbrauchs an strategischen Rohstoffen durch Recycling zu erzeugen und erheblich steigende Mengen der einzelnen strategischen Rohstoffe in Abfällen zu recyceln, will die Bundesregierung
- die Importabhängigkeit für Aluminium in der Verarbeitung insbesondere durch Erhöhung des Recyclings senken,
- die Importabhängigkeit für Kupfer insbesondere durch Erhöhung des Recyclings senken und
- einen Teil des Bedarfs an Lithium durch Recycling aus Lithium-Ionen-Batterien decken.
- Unterstützung der Schaffung passender Rahmenbedingungen für den Aufbau einer hinreichenden Anzahl an Schiffs-Abwrackeinrichtungen in Deutschland insbesondere mit dem Ziel einer Erhöhung des Nutzungsanteils von sauberem Stahlschrott als „Green Steel“.
Insbesondere für strategische Metalle Recyclingprozesse und Kapazitäten aufbauen
Zur Erreichung des Ziels kritische und strategische Metalle funktionierende Recyclingprozesse zu ermöglichen, sind auf Bundes- oder EU-Ebene u.a. die folgenden Maßnahmen erforderlich:
- die EU-weite Einführung von Digitalen Produktpässen (DPP) für metallhaltige Produkte wie Fahrzeuge, Schiffe und Elektronikgüter unterstützen,
- geeignete Förderprogramme passgenau erweitern und fortentwickeln; einen Förderschwerpunkt strategische Metalle im Rahmen des zu verstetigenden und auszubauenden Förderprogramms „Digitale Anwendungen zur Steigerung der Ressourceneffizienz in zirkulären Produktionsprozessen“ (DigiRess) umsetzen,
- für die Metallrückgewinnung aus Schlacken und Aschen ein Förderprogramm zur Einführung von neuen Technologien auflegen.
- Normungsprozesse für erhöhte Rezyklatqualitäten bei Metallen unterstützen sowie
- die Einführung von Separationspflichten für strategische Metalle (z.B. Seltenerdmetalle) aus gewerblichen Abfällen prüfen.
Erstellung eines dynamischen Materialkatasters
Aufbauend u. a. auf den Arbeiten des Umweltbundesamtes zur Kartierung des anthropogenen Lagers, wird ein dynamisches Materialkataster erstellt, welches Informationen über Stoffströme sowie Legierungsarten und deren chemische Zusammensetzung, u. a. über das Vorkommen kritischer und Technologiemetalle in Produkten und in Abfallströmen, bereitstellt.
Mehr Transport von Stahlschrott und recyceltem Stahl mit der Bahn und dem Binnenschiff
Schiene und Wasserstraße spielen als massengutaffine Verkehrsträger auch im Abfall- oder Reststofftransport eine bedeutende Rolle und halten damit Energieverbrauch und Emissionen in vergleichsweise enge Grenzen. Eine stärkere Rolle bei diesen Transporten setzt allerdings auch geeignete Anlagen/Terminals für den Umschlag auf Schiene und Wasserstraßen voraus. Stahlschrott z. B. gewinnt in der Stahlindustrie zunehmend an Bedeutung, da die Branche das Ziel verfolgt, deutschen Stahl bis 2045 CO₂-neutral herzustellen. Angesichts dieser Entwicklung ist es entscheidend, auch beim Transport durch Verlagerung auf die Schiene und die Wasserstraße die Treibhausgasemissionen zu reduzieren sowie die notwendigen Transportkapazitäten zu steigern. Zur Unterstützung des Umstiegs speziell auf die Schiene könnte die Trassenpreisförderung verlängert werden. Die Erweiterung der Infrastruktur und die Entwicklung von innovativen Güterverkehrskonzepten für recycelten Stahl könnten durch staatliche Investitionen oder Förderungen unterstützt werden. Was die Wasserstraße anbelangt, sind die heute in Häfen ansässigen Unternehmen, die im Bereich der Kreislaufwirtschaft tätig sind, mit einer Reihe von Hemmnissen konfrontiert, die Genehmigungsprozesse für Umschlag und Lagerung von Recycling-Gütern deutlich erschweren. Dies tritt beispielsweise ein, wenn neben Stahlschrott auch andere Recycling-Güter wie z. B. Baustoffe zur Wiederaufbereitung umgeschlagen oder transportiert werden sollen. Hier gilt es, Maßnahmen der vom Bundeskabinett am 20. März 2024 beschlossenen Nationalen Hafenstrategie umzusetzen. Dies sind insbesondere folgende Maßnahmen:
Nr. 1.22 Bestand und Ausbaupotenziale stärken und nachhaltig gegenüber konkurrierenden Nutzungen sichern. Hierbei zukunftsorientierte Nutzungen, falls erforderlich mit Tiefseezugang, wie die relevante Nutzung für Energiewende, Energieversorgung und Kreislaufwirtschaft priorisieren.
Nr. 1.7 Immissionsschutzrechtliche und wasserrechtliche Vorgaben für den Güterumschlag in Häfen überprüfen mit der Zielsetzung, Hürden für den Umschlag hafenaffiner Güter in Häfen zu reduzieren, ohne dabei umweltrechtliche Standards abzusenken. Dazu ist insbesondere die Einstufung von wassergefährdenden Stoffen in Wassergefährdungsklassen (§ 3 sowie Anlage 1 AwSV) zu überprüfen.
Unterstützung innovativer Schiffsrecyclingtechnologien und Vernetzung relevanter Stakeholder
Mit dem Ziel, Innovationen und Technologien für ein nachhaltiges Schiffsrecycling voranzutreiben, fördert die Bundesregierung seit 2023 das Innovationsnetzwerk ShipRec. Die derzeit 13 beteiligten Projektpartner, darunter auch das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN), haben es sich zum Ziel gesetzt, innovative Ansätze und technologische Entwicklungen im Bereich des Schiffsrecyclings aufzuzeigen. Gleichzeitig soll der Dialog zwischen relevanten Stakeholdern entlang der gesamten Wertschöpfungskette gefördert und konkrete Projekte für eine nachhaltigere Schiffsrecyclingindustrie vorangetrieben werden. Dies umfasst sowohl Lösungsansätze für genehmigungsrechtliche Herausforderungen als auch innovative Technologieansätze. Ziel ist es, skalier- und transferierbare Prozesse für den Rückbau von Schiffen und maritimen Großstrukturen zu entwickeln, um so nachhaltige Demontage zu fördern die optimale Nutzung vorhandener Ressourcen zu unterstützen sowie wertvolle Rohstoffe im lokalen Wirtschaftskreislauf zu halten. Hierzu muss zunächst das Zulassungsregime für Schiffsrecyclingbetriebe verschlankt werden.